Die Bundeslade - Um kein biblisches Artefakt ranken sich so viele Geheimnisse und Mythen wie um sie. Auch heute noch machen sich Abenteurer und Schatzjäger in der ganzen Welt auf die Suche nach ihr. Aber was ist die Bundeslade eigentlich? Welche Bedeutung hatte sie im alten Israel? Und: Wo könnte sie sich heute befinden?
Die Bibel erzählt uns, wie das Volk Israel nach seinem Auszug aus Ägypten am Berg Sinai lagert. Dort erscheint ihm sein Gott Jahwe und gibt Mose einen Auftrag:
Mache eine Lade aus Akazienholz. Und du sollst in die Lade das Gesetz legen, das ich dir geben werde.
Das Aussehen dieser Lade wird genauestens beschrieben. Viele Bibelforscher und Künstler haben anhand dieser Beschreibung versucht, die Bundeslade zu rekonstruieren. Einige ihrer Ideen und Entwürfe sehen wir hier.
Die Lade war dazu gedacht, in der sog. Stiftshütte oder dem Zelt der Begegnung zu stehen. Dieses tragbare Heiligtum war eine Art Vorgänger des Jerusalemer Tempels, der später unter König Salomo erbaut werden sollte.
Vom Sinai bis in das gelobte Land Kanaan hatte das Volk ja noch eine 40jährige Reise durch die Wüste vor sich. Da war es wichtig, dass man die Lade gut transportieren konnte. Sie war etwa 1,25 m lang und je 75 cm breit und hoch. An der Seite waren zwei Stangen befestigt, an denen sie getragen werden konnte. Akazienholz, das zum Bau der Lade verwendet wurde, ist extrem hart und widerstandsfähig - perfekt geeignet für eine jahrzehntelange Wanderung!
Die Bibel erzählt von einer wundersamen Kraft, die von der Lade ausging. Bevor die Israeliten das Gelobte Land betreten konnten, mussten sie erst den Jordan überqueren. Als die Priester, die die Lade tragen, sich ins Wasser des Jordans stellen, hört das Wasser von oben auf weiterzufließen. Eine große Wand aus Wasser entsteht und die Israeliten können trockenen Fußes das andere Ufer erreichen. Dort angekommen, stehen sie vor der uralten Stadt Jericho. Sechs Tage lang umrunden die Priester und alle Kriegsleute die Stadt je einmal mit der Lade. Am siebten Tage umrunden sie Jericho sieben Mal und mit Posaunenschall fallen die Stadtmauern zusammen.
Lange Zeit später kämpfen die Israeliten gegen die Philister, eines der sogenannten Seevölker. Weil sie glauben, dass ihnen die Bundeslade wieder Kriegsglück verleihen wird, holen sie sie zu sich aufs Schlachtfeld. Doch ihre Rechnung geht nicht auf und eine Katastrophe tritt ein: Die Philister schlagen Israel und nehmen die Bundeslade als Kriegsbeute mit in ihre Städte. Aber auch dort zeigt sich eine unheilvolle Wirkung der Lade: Die Philister werden von verschiedenen Plagen gequält, bis sie einsehen, dass sie die Lade lieber wieder zu den Israeliten schicken sollten. Lange Zeit wird die Lade daraufhin in Kirjat-Jearim aufbewahrt, bis König David sie in einer feierlichen Prozession mit Tanz und Musik in seine Residenzstadt Jerusalem holt. Unter seinem Nachfolger König Salomo wird die Bundeslade schließlich im neu erbauten Tempel von Jerusalem untergebracht. Und hier verliert sich die Spur der Bundeslade.
Im Jahr 586 v. Chr. eroberte der babylonische König Nebukadnezar Jerusalem und plünderte den Tempel aus. Ob er auch die Bundeslade als Beute mitnahm, wissen wir nicht. Erst in einer viel späteren Quelle heißt es, dass der Prophet Jeremia die Lade gerettet und in einer Höhle am Berg Nebo versteckt haben soll. Vom Nebo im Ostjordanland hatte Mose vor seinem Tod einst ins Gelobte Land geschaut.
Die Bundeslade galt in besonderer Weise als Zeichen der Präsenz Jahwes. Davon zeugen die vielen Geschichten mit geradezu magischer Wirkung, die von ihr ausgeht. Jahwe ist unmittelbar dort, wo die Lade ist. Daher ist sie logischerweise von maximaler Heiligkeit umgeben. Im Alten Israel war es undenkbar, dass man dem heiligen Gott Jahwe einfach direkt begegnen konnte. Deshalb stand die Bundeslade im Qodesh HaQodashim - im Allerheiligsten. Das war ein abgetrennter Raum in der Stiftshütte bzw. im Tempel, den nur der Hohepriester betreten durfte, und zwar nur ein einziges Mal pro Jahr. An diesem Tag dem Großen Versöhnungstag Jom Kippur sühnte der Priester die Sünden des Volkes, indem er das Blut von Opfertieren an die Bundeslade sprengte.
Aus wissenschaftlicher Sicht kann man davon ausgehen, dass die Bundeslade wirklich einmal existierte. Dabei war sie von ihrem Konzept her vielleicht nicht so einmalig mit Israel verbunden, wie die Bibel nahelegt. Im Grab Tutenchamuns hat man eine Truhe gefunden, die verblüffende Ähnlichkeiten mit der Beschreibung der Bundeslade aufweist. Aus Ägypten sind gerade in der Frühzeit der israelitischen Geschichte viele Kulturelemente nach Israel gelangt.
Ob von der Lade wirklich eine wunderbare Kraft ausging, ist wohl Glaubenssache. Eher unwahrscheinlich ist, dass darin zwei Steintafeln mit dem Dekalog lagerten, die Mose von Jahwe empfangen hatten. In den literarisch ältesten Texten, die von der Lade sprechen, ist sie v. a. in kriegerischen Zusammenhängen präsent. Die Verbindung der Lade mit dem Gesetz ist wohl auf Autoren der sog. Priesterschrift zurückzuführen. Diese wichtige Quellschrift ist wohl im Zusammenhang mit der traumatischen Zerstörung Jerusalems und dem darauffolgenden Exil in Babylon im 6. Jh. v. Chr. entstanden.
Wenn es sie gab - was wurde aus der Bundeslade? Wurde sie zerstört? Versteckt? Als Beutestück verfrachtet? Es gibt viele Theorien dazu, was mit der Lade passierte und wo sie nun sein könnte. Die meisten dieser Theorien sind allerdings reine Fantasiekonstrukte. Fakt ist: Wir wissen nicht, was mit der Lade passierte. Am bekanntesten ist aber wohl die Überlieferung der äthiopisch-orthodoxen Kirche. Demnach habe Menelik, der Sohn Salomos und der Königin von Saba, die Lade gestohlen und nach Äthiopien gebracht. Dort, in Aksum, in einer Kapelle neben der Kirche Heilige Maria von Zion soll sich die Bundeslade bis heute befinden.